Auszug aus dem Schriftsatz der Bundestagsabgeordneten Frau Nickels:

Christa Nickels

Heinsberg, 14.09. 2000

Betr. Belästigungen durch AWACS-Flugzeuge in Geilenkirchen

Problematik:

1. AWACS-Maschinen, stationiert auf der NATO-Airbase Geilenkirchen, haben von Beginn an zu starken Lärm- und Emissionsbelästigungen der Bevölkerung geführt. Die Maschinen sind mit Triebwerken ausgestattet, die veraltet und deshalb besonders laut sind. Für zivile Flugzeuge sind sie nicht zugelassen.

2. Die Flugzeuge fliegen von Anfang an mit einer Sondergenehmigung, weil die Landebahn eigentlich zu kurz ist.

3. Die
veralteten Triebwerke stellen ein erhöhtes Sicherheitsrisiko dar:

 In der jüngsten Zeit sind verstärkt Flüge in den frühen Morgen- bzw. späteren Abendstunden beobachtet worden. Auf Nachfrage eines Journalisten wurde mitgeteilt, dass dies deshalb geschehe, weil Triebwerke aufgrund ihres veralteten Zustandes regelmäßig in Portugal gewartet werden müssen, da sonst Gefahr durch Überhitzung entstehe. Weil aber in diesem Sommer die Wartungskapazitäten nicht vorhanden seien, müssen die Maschinen um nicht zu überhitzen, in kühleren Tageszeiten
geflogen werden.

4. AWACS-Maschinen können während des Fluges betankt werden. Dazu gibt es spezielle Tankflugzeuge des Typs KC-135 Stratotanker. Eines dieser Tankflugzeuge stürzte am 13. Januar 1999 in der Nähe von Geilenkirchen ab. Die vier Besatzungsmitglieder starben. Nur glücklichen
Umständen war es zu verdanken, dass das Unglück nicht über bewohntem Gebiet, sondern über einem Waldgebiet geschah.

5. Der Absturz machte die großflächige Entsorgung kerosinverseuchter Erde an der Absturzstelle notwendig. Bis zu einer Tiefe von vier Metern wurde eine Kontaminierung festgestellt. Das Flugzeug hatte ersten Angaben 10.000 Liter Kerosin an Bord, später nannte man die Zahl von 22.000 Litern.

6. Normalerweise hat ein solches Tankflugzeug des Typs KC-135 Stratotanker bis zu 70 Tonnen Treibstoff zum Abgeben geladen, nicht eingerechnet den Treibstoff für den Eigenbedarf. Die Tankflugzeuge stellen ein zusätzliches Risiko für die Bevölkerung dar:

a. Generell gibt es bei diesen Tankflugzeugen Fehler bei der Trimmung. Die Probleme der Unfallmaschine waren keine Einzelphänomene.

b. Teilweise werden die Maschinen von Reservisten geflogen.

c. Die Landeanfluge werden z.T. über Wohngebiete geflogen, über denen dann eine Flughöhe von 100 bis max. 120 Metern erreicht wird.

7. Bei den Flügen handelt es sich z.T. auch um Übungsflüge, da die Pilotenausbildung auf der Air-Base stattfindet. Problematisch hierbei sind mehrere Aspekte:

a. Pro Übungsflug können mehrfach Landeanfluge geübt werden. Die dazu nötigen Schleifen erhöhen die Frequenz der Flugbewegungen beträchtlich (bis zu 10 mal).

b. Die bei der Aufnahme des Flugbetriebes angegebenen Zahlen von 13 Flugbewegungen pro Tag und maximal 30 nachts und an Wochenenden wurden nur in den ersten Jahren eingehalten. Zählungen von Bürgern haben bis zu 60 (!) Flugbewegungen pro Tag ergeben.

c. Die Belastung mit Abgasen für die überflogenen Wohngebiete ist entsprechend höher.

d. Die Unfallgefahr ist entsprechend höher und wird, so die Befürchtung der Bürgerinnen
und Bürger, durch die Unerfahrenheit der Pilotenschüler noch verstärkt. Es werden auch "Notfälle", also Anflüge mit nur drei Triebwerken, geübt, die eindeutig wegen der gut sichtbaren Abgasfahnen erkennbar sind.

8. Emissionen legen sich als klebriger Film z.B. auf Fensterscheiben ab. Es wurde eine Leukämie-Studie angestrengt, die allerdings keinen kausalen Zusammenhang zwischen den verstärkt aufgetretenen Leukämie-Fällen und den AWAC 5-Emissionen festgestellt hat.

9. Aus dem Verteidigungsministerium wurde auf Anfrage des CDU-MdB Dautzenberg mitgeteilt, es seien keine Beschwerden eingegangen. Diese Aussage ist nur bedingt richtig. Es ist zwar durchaus möglich, dass sich die Geilenkirchener Bürger bislang bei der ihnen größtenteils unbekannten Beschwerdekommission im Bundesverteidigungsministerium nicht gemeldet haben. Es sind aber unzählige Beschwerden, zumeist telefonischer Art, direkt bei der
Airbase eingegangen. Bedauerlicherweise werden diese Anrufe im Gegensatz zu telefonischen Beschwerden in den Niederlanden nicht registriert.

Bundesverteidigungsminister Scharping nannte in seiner bereits erwähnten Antwort an den CDU-Kollegen die vorsichtige Schätzung von 600-800 Millionen Mark für die Modernisierung der Triebwerke, von denen 28 % zu Lasten des Bundeshaushaltes gehen würden. Derzeit sind keine Haushaltsmittel für eine solche Modernisierung vorgesehen. Er verweist auf eine Studie, die zur Zeit ausgewertet wird (Machbarkeitsstudie bei Boeing durch die NAPMA-Agentur). Gleichzeitig weist er aber auch daraufhin, dass „aus flugtechnischer Sicht" eine Modernisierung der Triebwerke in den nächsten 20 Jahren nicht erforderlich ist.

Angesichts der oben geschilderten Probleme halte ich es allerdings für unverantwortlich, die veralteten Triebwerke nicht auszutauschen....